Persönliche Grenzen setzen

Beziehungsmanagement|Empathie und Verständnis|Fortgeschrittene|Gewaltfreie Kommunikation (GFK)|Persönliche Entwicklung|Selbstreflexion

Wenn grenzenlose Empathie gefährlich wird

Ein Thema, das ich schon fast als Trend in Inhouse Seminaren bezeichnen würde, ist das erkennen und setzen von persönlichen Grenzen – im Kundenkontakt, mit Vorgesetzten und sogar meinen eigenen inneren Antreibern.

Im Idealbild der GFK geht es um Verbindung: zu mir, zu dir, im Wir, wir hören zu, verstehen, verbinden uns mit dem, was wir an Gefühlen und Bedürfnissen hören. Wir zeigen uns mit dem, was in uns selbst lebendig ist, werden gehört, verstanden. Aus der Verbindung erwächst eine tiefere Beziehung und oft auch bessere Lösungen.

Ich habe immer wieder erlebt, wie gut das tut, und wie selbst tiefe Gräben überwunden werden können. Deswegen bin ich überzeugt, dass dieser Prozess unter den richtigen Bedingungen wunderbar funktionieren kann.

In der Realität treffen wir aber immer öfter auf eine andere Ausgangslage. Überforderte Dienstleister, Pflegekräfte, Vertriebler oder Telefon-Supportler sind konfrontiert mit zusehends härteren Situationen. Da ist die Pflegefachkraft, die sich fragt, ob die sexualisierten Übergriffe an ihrem Verhalten liegen. Das Vertriebsteam für Solaranlagen, das in Bürgerforen von AFD-Wählern angebrüllt wird. Die Telefonistin mit Akzent, die aufs heftigste rassistisch beleidigt wird.

Und bei allen der Anspruch, damit irgendwie umzugehen. Die Hoffnung, mit den richtigen Worten zu beruhigen, zu deeskalieren, zurück zur Sache zu finden. Klar, das kann klappen, wäre ja auch traurig wenn die GFK an der ersten Herausforderung scheitert. Aber in den oben beschriebenen Kontexten kommt mir das Bild von diesen Outdoor-Heizpilzen in den Kopf (Gibt’s die noch?): Kalte Herbst- und Wintertage, aber statt sich drinnen aufzuwärmen stellen die Cafés die Tische raus und verfeuern lieber munter Gas um den Hof zu heizen. Nur dass in den Firmen die Mitarbeiter verheizt werden. Denn wenn diese Situationen immer häufiger werden, dann deutet das auf strukturelle Probleme hin.

Jetzt hilft es den Menschen, die in die Seminare geschickt werden, natürlich wenig, wenn ich mit Schulterzucken auf die ungesunden Strukturen verweise und ihnen eine Organisationsentwicklung empfehle. Deswegen trainieren wir mit Ihnen anhand eines einfachen Modells den Umgang mit diesen schwierigen Situationen.

Oberstes Ziel sind dabei nicht „erfolgreiche“ Gespräche um jeden Preis, sondern ein feinfühliger Umgang mit den eigenen Grenzen. Besonders weil am Anfang auch das empathische Zuhören nur als weitere Anforderung empfunden wird. Neben den äußeren Strukturen erleben wir hauptsächlich die eigenen Ansprüche und das verinnerlichte „runterschlucken“ von Ärger als Hauptbaustellen.

Wenn wir Situationen einsammeln und schauen, in welchem (Schwierigkeits-)Bereich sie fallen, dann landen die meisten Karten im Bereich Dialog oder „freundlich zurück aufs Thema“. Selbst wenn es gewalttägige Vorfälle sind, die Jahre zurück liegen und immer noch nicht verdaut wurden, für viele Menschen kommt ein Stopp! einer Niederlage gleich. Die eigenen Grenzen wahrzunehmen und mir zuzugestehen, dass ich nicht auf alles ruhig und empathische reagieren muss, wenn ich innerlich Panik kriege oder wütend werde, das ist schon ein großer Schritt.

Wenn sie am Ende verstehen, dass sie Nein sagen dürfen, dass sie nicht alles schaffen müssen, schon gar nicht alleine, und dass es ok ist, auf das innere Bauchgrummeln zu hören, dann ist schon viel erreicht. Wenn sie dann noch den einen oder anderen Satz mitnehmen, der ihnen den Alltag erleichtert, bin ich glücklich.

Wie geht es dir damit?

Schreibe einen Kommentar

Whatsapp öffnen
1
Noch Fragen?
Hi, hier ist Markus vom Impact Institut. Wenn du Fragen hast, kannst du mir hier gerne direkt schreiben. Liebe Grüße